Hilde Beck-Held: „Netzwerke verbinden“

Hilde Beck-Held: „Netzwerke verbinden“

Ich arbeite als Erzieherin im Familienzentrum St. Magnus in Marktoberdorf im Ostallgäu und bin für die Koordination zuständig. Unsere Einrichtung besteht aus einer Kindertagesstätte mit zwei Kindergarten-Regelgruppen, zwei Kindergarten-Integrationsgruppen, drei Schulkindgruppen und einer Ganztagsklasse, in der im Rahmen eines Modellprojektes eine Erzieherin des Familienzentrums im Tandem mit der Lehrkraft arbeitet. Insgesamt betreuen 26 Fachkräfte 140 Kinder von 2 bis 10 Jahren. Wir waren auch Modellstandort „Elternchance“.

Als ich zum ersten Mal den Begriff „Elternbegleiterin“ hörte, dachte ich an Beratungen, Lotsendienste, Informationen zu Übergängen und zur Schulwahl.

Als ich im Februar 2012 in der Nähe von Ulm mit der Weiterqualifizierung begann, erlebte ich noch etwas ganz anderes: Die Kursleiterinnen brachten uns die Haltung des Dialogs nahe. Ich erfuhr und erlernte die Bereicherung durch Unterschiede, intensives Zuhören ohne innerliche Gegenargumentation und die Bedeutung von neugieriger, achtsamer Erkundung. Ich erfuhr den Dialog als einen Prozess von kreativem Miteinander und lernte, Gedanken und Beurteilungen in der Schwebe zu halten. Anfangs tat ich mich schwer mit diesem Ansatz. Eine veränderte Sichtweise und die Begegnung auf Augenhöhe veränderten jedoch meine Haltung und nicht nur oberflächlich mein Können. Und das hatte auch Auswirkungen auf meinen Umgang mit den Eltern.

Mütter, Väter, Geschwisterkinder, Großeltern gehen bei uns im Familienzentrum täglich ein und aus. Wir arbeiten nach dem Early-Excellence-Ansatz: Wir beobachten die Stärken jedes einzelnen Kindes und fördern diese individuell. Wir begegnen den Eltern auf Augenhöhe und betrachten sie als die ersten Expert*innen ihres Kindes, die wir mit einbeziehen, damit Erziehung gelingen kann. Wir öffnen unser Haus in den Stadtteil, vernetzen uns und nutzen Synergien.

Einer meiner ersten Schritte als Elternbegleiterin war die Gründung des Netzwerks „Elternchance“ mit verschiedenen Bildungsakteuren aus Marktoberdorf: Koordinierende Kinderschutzstelle, Erziehungsberatungsstelle, Volkshochschule, Pfarrei, Mehrgenerationenhaus, Familienbildung im Landratsamt. Etwa vierteljährlich tauschen wir uns aus. Die Wege zwischen den einzelnen Einrichtungen wurden seitdem kürzer – die Beteiligten kennen sich und arbeiten auch zwischen den Netzwerktreffen zusammen. Wir können dadurch viele Synergien nutzen und brauchen nicht jedes Angebot selbst im Haus vorzuhalten; die Alleinerziehendengruppe der Pfarrei beispielsweise leistet gute Arbeit und wir bewerben sie bei unseren Eltern.

Weil ich im Kontakt mit unseren Netzwerkpartnern und mit den Eltern stehe, kann ich zwischen diesen Kontakte vermitteln und auch Eltern ermutigen, ihre Stärken selbst im Familienzentrum einzubringen. Zur Kontaktaufnahme spreche ich Eltern beim Bringen oder Abholen an und möchte ihnen durch die persönliche Einladung die Hemmschwelle vor Angeboten des Familienzentrums nehmen.

Ich möchte ein Familienbildungsprogramm erstellen, mit dem ich die Eltern und Familien erreiche. Deshalb lasse ich die Eltern von Zeit zu Zeit über Angebote abstimmen, die sie sich wünschen, die sie brauchen. So entstanden in den letzten Jahren Projekte wie das „Nationenkochen“, bei dem Mütter verschiedener Herkunft einen Kochvormittag anbieten. So wächst die Akzeptanz für die anderen Kulturen und die Persönlichkeit der anleitenden Frauen wird durch solch einen Kochkurs gestärkt.

Etwa einmal im Monat organisiert das Caféteam des Familienzentrums mit mir ein Elterncafé zu Erziehungs- oder Gesundheitsthemen, teils mit Referent*innen. Das Caféteam kümmert sich dabei um die Bewirtung, macht Termin- und Themenvorschläge und gibt auch mal selbst in einem Café Können und Wissen an die Eltern weiter.

Unseren dialogischen Elternkurs ELTERN STÄRKEN habe ich inzwischen mehrmals begleitet und erntete dabei viele positive Rückmeldungen. Einige Mütter wünschen sich, die Dialoge in lockerer Folge weiter anzubieten, weil sie sehr hilfreich für die ganze Person seien.

Ich kann die Weiterqualifizierung zum*zur Elternbegleiter*in des Trägerkonsortiums uneingeschränkt weiterempfehlen! Die persönliche Stärkung und den Blickwinkel des Dialoges wünsche ich noch vielen Kolleg*innen. Dann nehmen wir alle die Eltern als Bereicherung wahr und Kinder und Eltern profitieren davon.